Wanderung auf den Lusen

Kinder, die die Aussicht vom Lusen genießen

Es ist Anfang Juli, die Wetterprognose verheißend und die Vorbereitungen vollendet. Heute geht es mit der 4. Klasse ab auf den Lusen, den zweithöchsten Berg im Nationalpark Bayerischer Wald. Die Wanderung auf den Berg gehört mittlerweile zum Standardprogramm des Jugendwaldheims und der Ausblick von oben lohnt sich wirklich immer. Ich komme zur Gruppe, die schon gespannt darauf wartet, loszumarschieren.

Mit dem bestellten Bus geht es zum Parkplatz ‚Waldhäuser/Ausblick‘. Von dort wandern wir dann zum Lusen: „Haben auch alle an ihre Lunchboxen gedacht?“ frage ich die Kinder am Parkplatz. Hat jeder etwas zu trinken dabei? „Ja“, entgegnet mir Ben. „Ich habe 12 Flaschen dabei, falls jemand von den anderen Kindern nichts mehr zu trinken hat“. Diese Information hätte ich mir vielleicht lieber schon im Jugendwaldheim einholen sollen. 

Der Weg führt direkt vom Parkplatz in den Wald hinein. Im Wald selbst stelle ich noch Fragen zu den jeweiligen Baumarten und welche Bedingungen besonders optimal für sie sind - Dinge, die sie in den letzten Tagen bei uns gelernt haben. Den Fingerhut, der hier so häufig am Wegesrand wächst, haben sie auch schon kennen- und meiden gelernt. 

Als wir nach etwa einer Stunde die Glasarche erreicht haben, sind alle noch guter Dinge. Aber von hier an erfolgt der Aufstieg ziemlich progressiv und viele der Kinder sind schon sehr am Schwitzen. Die ersten fangen an zu streiten und ich weiß, dass vielleicht ein Spiel Abhilfe verschaffen könnte. Nachdem ich ihnen kurz etwas zur Glasarche erzählt hatte, dass sie als Symbol für die Freundschaft zwischen Tschechien und Deutschland zu Beginn der 2000er kreiert und auf lange Wanderschaft von den Bewohnern aus der Umgebung befördert wurde, spielen wir zwei Runden „Nichts zu verzollen“. Das bringt wieder Stimmung in die Gruppe und wir laufen motiviert weiter. 

Der Anstieg der ersten 100 Meter und der erstmalige Anblick des noch bevorstehenden Berges macht ihnen deutlich, warum sie auf gar keinen Fall weitermarschieren wollen. Ich versuche sie abzulenken, indem ich sie auf die vielen Blaubeersträucher aufmerksam mache, etwas über Auerhühner erzähle und ihnen Bilder des Borkenkäferbefalls zeige. Noch vor 20 Jahren befand sich an dieser Stelle eine Landschaft aus lauter Streichholzstämmen, ein verdorrter Fichtenwald - scheinbar tot. An der steinernen Treppe zum Aufstieg haben dann wirklich alle keine Kraft mehr - der schützende Schatten des Waldes liegt längst hinter uns und die Sonne prallt ganz schön auf die Köpfe.

Ich wette mit ihnen, dass sie die nächsten 100 Höhenmeter nicht schaffen werden, wenn ich so in ihre Gesichter schaue und wir auf das Eis oben auf dem Lusenschutzhaus dann wohl verzichten müssen. Schon bewegen sich die ersten Beine und wir stapfen zielsicher auf die ersten Steinstufen. Nach kurzer Zeit rufen die ersten begeistert: „Schaut mal, wir sind schon fast da“. Ich muss sogar einige bändigen, dass sie nicht ganz so schnell davon sprinten, damit sie auf den Granitsteinen nicht ausrutschen. Am Ende haben wir’s dann alle geschafft und zur Belohnung essen wir endlich das Eis in der Lusenschutzhütte.

Am Abend muss ich noch über die lustigen Kommentare der Kinder schmunzeln und freue mich darüber, die Natur hier ein Stück weit durch ihre Augen miterleben zu dürfen. 

Bernadette Weber

Umweltpraktikantin 2025

Ort

Nationalpark Bayerischer Wald