Sturm auf der Hamburger Hallig

Levke an der Nordsee

Heute ist eigentlich ein gewöhnlicher Arbeitstag, mit dem „Regio-Treff“ als Termin für den Vormittag. Bei diesem treffen sich alle Ranger des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer monatlich mit ihren Vorgesetzten, um sich auszutauschen und über die aktuellen Themen der Gebiete zu sprechen. Dafür bin ich um 8:00 Uhr mit meinem Betreuer, dem Ranger Rainer Rehm, am Deich verabredet. 

Dahin komme ich über einen ca. 4,5 km langen Radweg. Eigentlich ein gewöhnlicher Ablauf, wäre meine Einsatzstelle, und auch mein Wohnort, nicht die Hamburger Hallig. Diese liegt nämlich auf der Seeseite des Deiches, also quasi direkt in der Nordsee. Hier spielen bei solch „einfachen“ Verabredungen besonders die Gezeiten eine Rolle. Am Abend vorher habe ich daher die vorhergesagten Wasserstände nachgeschaut und schon gesehen, dass für das Vormittagshochwasser ca. 1,5 m über dem normalen Hochwasser angegeben werden. Das bedeutet Landunter!

Während der „normalen“ Gezeiten ist der Weg vom Festland zur Hamburger Hallig ohne Probleme zu befahren. Bei höherem Hochwasser kann der Weg unter Wasser stehen. Daher bin ich direkt nach dem Aufstehen, um 6:30 Uhr, raus, um zu schauen, wie hoch das Wasser schon gekommen ist und ob ich noch zum Deich kommen könnte. Also schnell eine dicke Jacke an, Fernglas schnappen und raus. Auf den ersten Blick von meiner Warft (kleine Erhöhung, auf der die Häuser auf den Halligen stehen) konnte ich sehen, dass der Abschnitt des Weges, den ich zuerst passieren müsste, schon deutlich unter Wasser steht. Also habe ich Rainer kurz Bescheid gegeben, dass ich nicht von der Hallig runterkomme, und kann den Sturm genießen.

Viele Watvögel, die sonst scheuer sind, tummeln sich direkt vor meinem Wohnzimmerfenster und nutzen, wie die Schafe auch, die höhere Warft als sicheren Rastplatz, um das Landunter trockenen Fußes zu überstehen. Der Höchststand des Wassers ist gegen halb 9 erreicht, jetzt schaut wirklich nur noch die Warft, die Zäune und die Straßenmarkierungen aus dem Wasser. Gegen Mittag ist das Spektakel auch wieder vorbei und das Wasser hat sich wieder komplett zurückgezogen, der Weg ist wieder frei und die ersten Besuchenden begeben sich auf den Weg zur Hallig.

Also öffne ich die kleine Ausstellung in der „Wattwerkstatt“, meine Hauptaufgabe im Praktikum. An diesem Nachmittag verirren sich wenige Besuchende auf die Hamburger Hallig. Das Wetter ist immer noch stürmisch, aber einigen wenigen kann ich direkt die Fragen zu dem Landunter beantworten. Nachdem die letzten Besuchenden die Hallig wieder verlassen haben, fange ich mit der Kontrolle eines Abschnittes des Spülsaums an, sammle Müll ein und dokumentiere spezielle Funde im Spülsaum, um diese am nächsten Tag mit Rainer zu besprechen.

Am Abend setzte ich mich ans Wasser und genieße das ruhigere Wetter mit einem tollen Sonnenuntergang und kann fast gar nicht glauben, dass knapp 12 h vorher das Wasser so hoch stand, dass ich dort nicht hätte sitzen können. Diese Nähe zur Natur und dass diese hier große Teile meines (Arbeits-)Lebens bestimmt, genieße ich besonders!

Levke Borchers

Umweltpraktikantin 2025

Ort

Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer