Bodden-Romantik

"Barfußraupe" - mehrere Kinder laufen mit verbundenen Augen hintereinander barfuß über den Bodden, angeführt von einer Person ohne Augenbinde

Als ich heute Morgen aus der Haustür meiner kleinen Wohnung in Born trete, blinzeln mir die ersten Sonnenstrahlen durch das Blätterdach entgegen. Mit Vorfreude auf den heutigen Tag schwinge ich mich auf mein Fahrrad. Schnell bin ich am Eingang zum Nationalpark angekommen, wo ich in den Darßwald mit seiner Fülle an unterschiedlichen Grüntönen sowie dem allmorgendlichen Vogelkonzert eintauche.

Auf meiner Fahrt überlege ich, was heute auf dem Programm steht. Der heutige Tag steht ganz unter dem Motto „Bodden“. Der Lebensraum Bodden ist eines der Alleinstellungsmerkmale des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft, in dem ich seit sechs Wochen Praktikum machen darf. Zu unseren Hauptaufgaben in der Umweltbildung zählen die sogenannten Projekttage, mit Schulklassen aus der Region Fischland-Darß-Zingst.

Heute früh sind meine beiden Betreuerinnen und ich mit einer 4. Klasse am Bodden verabredet. Am Anfang wollen wir wissen, was die Kinder unter Bodden verstehen oder was sie persönlich damit verbinden. Das gibt uns ein gutes Bild, wie der Wissens- aber auch Interessensstand ist. Anschließend versuchen wir, über unterschiedliche Materialien und Methoden den Teilnehmenden den Lebensraum Bodden näher zu bringen. Warum heißt der Bodden eigentlich Bodden? Wer lebt alles am und im Bodden? Woher kommt das Salz im Bodden? Je mehr die Kinder dabei selbst ausprobieren dürfen, desto besser lässt sich das neue Wissen verknüpfen, merke ich. Um den Geschmackssinn zu aktivieren, erhält die Gruppe Wassersproben mit unterschiedlichen Salzgehalten, die sie unterschiedlichen Gewässern zuordnen sollen und für den Tastsinn nähern wir uns dem Bodden zunächst mit verbundenen Augen in einer Barfußraupe.

Das Highlight für die Teilnehmenden ist das eigene Erkunden und Erleben des Boddens mithilfe von Keschern, Lupengläsern und Bestimmungshilfen. Nicht nur die bereits bekannten Garnelen, sondern auch Libellenlarven, Ruderwanzen oder Bachflohkrebse sind zu entdecken. Die Begeisterung in den Augen der Kinder zu sehen, hat mich dabei besonders beeindruckt. Am Ende sollte der Schulklasse bewusst sein, wie vielfältig der Lebensraum Bodden ist und dass sie als Mensch auch ein Teil davon sind. Mit vielen neuen Eindrücken im Gepäck macht sich die Schulklasse zurück auf den Weg zur Schule und für uns geht es zurück ins Amt. Der restliche Tag bis zum Feierabend verfliegt im Nu, aber noch ist der Tag nicht vorbei.

Zum frühen Abend hin zieht es mich erneut an den Bodden, dieses Mal aber zum Drachenboot-Training. So romantisch wie es klingt, ist es in der Realität dann aber gar nicht, denke ich mir, als ich mit brennenden Armmuskeln, wieder und wieder, das Paddel ins Wasser steche und versuche im Rhythmus zu bleiben. „1, 2, 3, aus…“ ruft uns der Trainer zu und auf einmal ist es ganz still, mein Blick weitet sich und mir wird bewusst, dass wir mitten auf dem Bodden sind. Dies ist zu heute Morgen eine andere Perspektive, die Abendsonne taucht das Ufer mit seinem Schilfgürtel in ein warmes Licht und dann ist es doch etwas kitschig, denke ich mir kurz, bevor mir bewusst wird, dass wir den gleichen Weg zurück zum Hafen paddeln müssen. Eins ist sicher, der Muskelkater wird nur ein paar Tage anhalten, aber die Boddenerlebnisse werde ich so schnell nicht wieder vergessen.

Jessica Lipinski

Umweltpraktikantin 2025

Ort

Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft