Auf GPS-Sendersuche im Watt

Blick auf eine Salzwiese im Vordergrund, Watt im Hintergrund

„Was für ein Privileg!“, denke ich mir, wie schon so oft in letzter Zeit, als das helle Trillern der Austernfischer mich aus meinen Träumen holt. Seit Beginn meines Praktikums darf ich zu Möwengeschrei und Windpfeifen erwachen, denn meine Einsatzstelle liegt auf dem Hallig-Kopf der Hamburger Hallig, einer etwa 110 Hektar großen Hallig mit Landverbindung.

Hier wohne ich in einem wunderschönen Reetdachhäuschen auf einer Warft, umgeben von Salzwiesen und mit Blick auf die offene Nordsee, beziehungsweise bei Ebbe, auf das knisternde Watt. Normalerweise würde mein Tag damit beginnen, die „Wattwerkstatt“, eine kleine Ausstellung über die Hamburger Hallig, aufzuschließen. Anschließend würde ich die Besucher:innen betreuen, ihre Fragen zum hiesigen Gebiet und zu seiner Flora und Fauna beantworten oder auch den einen oder anderen Wasser-, Watt- und Wiesenvogel im Spektiv zeigen.

Heute jedoch nimmt mich mein großartiger Betreuer, der hiesige Ranger, mit auf die benachbarte Hallig Nordstrandisch-Moor. Diese Hallig ist mit einem Lorendamm ans Festland angebunden. Die Fahrt mit der Lorenbahn ist jedoch den Halligbewohner:innen vorbehalten; also laufen wir zu Fuß über den Damm. Doch wir haben Glück: Auf halber Strecke nimmt uns ein Lorenbahnfahrer mit, der gerade eine Gruppe Landvermesser:innen zu ihrer Einsatzstelle bringt. Wir springen also auf, und da ist er wieder, der altbekannte Gedanke: „Was für ein Privileg!“ Die Lorenbahn rauscht über die Schienen, und die weite Wattfläche zieht an uns vorbei.

Auf Nordstrandisch-Moor angekommen, begeben der Ranger und ich uns auf unsere heutige Mission. Ausgestattet mit GPS-Koordinaten wollen wir einen GPS-Logger einsammeln, den bis vor Kurzem eine Brandgans getragen hat. Vor etwa einem Monat wurden einige dieser Tiere auf der Hamburger Hallig von Forschenden des Forschungs- und Technologiezentrums Westküste (FTZ) besendert, um Daten und Erkenntnisse zu ihren Migrationsbewegungen und ihrem Zugverhalten zu gewinnen. Seit einigen Tagen meldet einer dieser Logger jedoch schon keine Bewegungen mehr – entweder hat der Vogel ihn verloren oder das Tier ist tot. Wir streifen also durch die Gegend auf der Suche nach dem kleinen Logger. Doch erst einmal bietet sich noch ein ganz anderer, für mich sehr beeindruckender Anblick: Ein Seeadler kreist über uns und greift sich im Flug eine Nonnengans, die er sodann im Watt frisst.

Nach etwas Suche entdecken wir den Sender dann etwa 300 m draußen im Watt. Und auch die Ursache, warum keine Bewegungen mehr gesendet wurden, wird deutlich, denn wir finden den dazugehörigen Kadaver. Von der Brandgans sind nur noch Gerippeteile übrig, und die vor Kurzem beringten Füße fehlen; sie wurden wohl verschleppt. Der Brandgans-Fund zeigt mir, wie dynamisch der Lebensraum Wattenmeer ist. Obwohl das Gerippe erst wenige Tage hier liegt, ist es schon stark eingeschlickt, und an den Teflonbändern des GPS-Loggers haben sich bereits Strandschnecken angesiedelt.

Mit dem Sender im Gepäck begeben wir uns wieder auf den Rückweg; diesmal laufen wir den ganzen Lorendamm zurück zum Festland. Es stehen noch weitere Aufgaben für den Tag an, doch schon jetzt habe ich mehr erlebt als an den meisten Tagen an der Uni oder in der Stadt, und eine tiefe Dankbarkeit, dass ich diese Erfahrungen machen darf, durchströmt mich. Von mir aus darf dieses Praktikum noch ewig andauern!

Katharina Schulenburg

Umweltpraktikantin 2025

Ort

Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer