Meine erste Führung im Nationalpark Harz, oder: Ich bin ein Schwamm

Wanderweg gesäumt von Fichten im Nationalpark Harz.

Ich bin seit zwei Wochen im Nationalparkbesucherzentrum Torfhaus im Harz und ich bin ein Schwamm. Zwei Wochen habe ich aufgesogen, was es zum Nationalpark, zum Waldwandel, zum Luchs, zum Wolf, zum Gartenschläfer, zum Moor, zum Bergbau, zur Kohleproduktion, zur Grenzgeschichte, zu Wanderwegen und auch zum nächstgelegenen WC zu wissen gibt.

Naja natürlich nur Bruchteile davon, aber jedenfalls fühle ich mich im positiven Sinne ziemlich vollgesogen. Gut, dass meine erste Führung vor der Tür steht und ich mein hart erarbeitetes Wissen herauspressen kann. Schlecht nur, dass sich keine einzige Person für die Führung anmeldet und sie deshalb ausfällt…
Vielleicht aus Mitleid, vielleicht aber auch aus eigener Limitation, drückt mir ein Tag später ein Kollege eine seiner Führungen ab. Ich erfahre davon erst am Morgen der Führung, ca. 2h bevor sie anfängt, aber ich freue mich, weil ich inhaltlich das Gleiche machen kann, wie bei meiner ausgefallenen Führung. Ich bin also sowieso vorbereitet.


Eine Stunde vor Beginn der Führung erfahre ich dann noch, dass die Gruppe mit einem Kinderwagen und einem Rollstuhl angemeldet ist. Das ist dann doch eine entscheidende Information, wenn man durch den Wald kraxeln will. Der Weg den ich ursprünglich gehen wollte und auf den ich mich vorbereitet hatte, fällt auf jeden Fall weg. Die einzige realistische Alternative ist ein eher unspektakulärer Weg, den ich erst einmal gelaufen bin und der kein Rundweg ist. Zufrieden bin ich damit nicht.
Dann kommt die Gruppe, eine Großfamilie, die zusammen Urlaub macht, und es stellt sich heraus, dass der Rollstuhl eigentlich eher ein Kinderfahrradanhänger ist und damit relativ geländegängig. Die ursprünglich geplante Route ist auch damit nicht zu machen, aber zumindest können wir so einen Rundweg laufen. Ich improvisiere bestmöglich und erzähle so ziemlich alles, was ich in den letzten zwei Wochen gelernt habe. Danach und auch währenddessen stelle ich fest, dass es wohl ein wenig unstrukturiert war und an manchen Stellen vermutlich auch mehr Info als notwendig, aber die Führung verläuft insgesamt sehr angenehm und die Familie wirkt sehr zufrieden mit den zwei Stunden im Wald. Nach der Führung begleite ich sie pünktlich bis vors Restaurant, wo sie einen Tisch reserviert haben und bin froh, dass es trotz kurzfristigen Planänderungen und Überraschungen so gut verlief und ich ein wenig selbstsicherer in die nächsten Führungen gehen kann.

Felix Zeisberger

Umweltpraktikant 2024

Ort

Nationalpark Harz