Ein Spaziergang zum Erinnern
Als mein Wecker an diesem Sonntagmorgen klingelt, merke ich, dass seit letztem Abend wieder einmal eine Fuhre Sand in meinem Bett gelandet sein muss. Sand in den Schuhen, Sand in sämtlichen Hosentaschen, Sand im Bett – damit muss man klarkommen, wenn man ein Praktikum an der Ostsee absolviert.
Schlaftrunken streiche ich die Körner vom Laken und will mich gerade noch einmal umdrehen, als mir der Grund für das Weckerklingeln einfällt. Heute gehen die Nationalparktage hier im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft in die letzte Runde und ich darf wieder bei der Standbetreuung der Umweltbildung helfen. Also trotz Wochenende raus aus den Federn, Zähne geputzt und dann düsen FÖJler Jannes und ich auch schon in unserem kleinen Auto von Born in Richtung Zingst.
Dort sind rund um das Schlösschen Sundische Wiese diverse Zelte und Pavillons aufgebaut, bei denen sich Besucher über den Nationalpark und dessen Partner informieren und an verschiedenen Sonderführungen teilnehmen können. Meine Praktikumsbetreuerin Josy, Jannes und ich stehen nach einigen Vorbereitungen pünktlich um 10 Uhr an unserem Stand bereit, um die ankommenden Menschen zu begrüßen und sie für unsere Umweltbildungsarbeit interessieren zu können. Dafür haben wir unsere kleine Zelt-Ecke bunt dekoriert und ein paar Rätsel vorbereitet, bei denen Kinder die verschiedensten Tiere unseres Nationalparks kennenlernen oder an einem Miniatur-Strand nach Muscheln, Donnerkeilen und versteinerten Seeigeln graben können.
Der Vormittag verläuft ruhig, heute scheint trotz des guten Wetters nicht wirklich viel los zu sein. Deshalb freuen wir uns umso mehr über jede Familie, die wir an unseren Stand locken können, und über die Stunden können wir einige Kinder (und auch Erwachsene) von unserem Angebot begeistern.
Als der Nachmittag anbricht, empfangen wir die Eltern und Kinder, welche sich für unsere Familienführung „Der Natur auf der Spur“ angemeldet haben. Fast zwei Stunden sind wir mit ihnen im nahen Waldstück unterwegs, entdecken Spuren von Wild, schauen uns die Baumkronen mithilfe von Spiegeln an oder lassen ein Stück pilzbefallenes Holz für einen Schnuppertest herumgehen (tatsächlich riecht der Knoblauchschwindling – wer hätte es gedacht – stark nach Knoblauch).
Direkt im Anschluss an unsere Tour startet der Teil des Tages, auf den ich mich am meisten gefreut habe: ein Spaziergang zum wilden Nordstrand, der in der Kernzone des Nationalparks liegt und normalerweise für Besucher gesperrt ist. Also stapfen wir – ausgerüstet mit Gummistiefeln und geführt von Ranger Robert - als kleine Gruppe im schönsten Abendlicht durch die Röhricht-Felder zum wettergezeichneten Strand. Ich kann mein Glück kaum fassen, als ich Bartmeisen im Schilf entdecke, ein Silberreiher tief über uns hinwegfliegt und die untergehende Septembersonne das Treibholz am Strand zum Leuchten bringt. Der Wind pfeift mir um die Nase, das Wellenrauschen erfüllt meine Ohren und am Horizont kann ich sogar die Insel Hiddensee erspähen – Im Geiste mache ich eine kleine Momentaufnahme, damit ich diesen Augenblick nie wieder vergesse.
Nach dem ganzen Trubel kommen Jannes und ich am Abend erschöpft, aber unglaublich glücklich wieder in unserem kleinen Häuschen in Born an und fallen sofort in unsere Betten. In dieser Nacht träume ich vom wilden Wald und der Freiheit des Meeres.
Laura Felske
Umweltpraktikantin 2024
Ort
Nationalpark Vorprommersche Boddenlandschaft