Vom „Vogelkiek“ auf der Hallig Langeneß
Normalerweise bin ich im Büro der Nationalparkverwaltung für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Daher war es eine willkommene Abwechslung, meinen Arbeitsplatz für ein verlängertes Wochenende auf die Hallig verlegen zu können. Vor meiner Anreise wurde ich über die Terminologie „Hallig“ aufgeklärt.
Ich möge den Halligbewohnern gegenüber auf keinen Fall das Wort Insel verwenden, wenn ich von Langeneß spreche.
Eine Hallig unterscheidet sich von einer Insel dadurch, dass die Hallig nicht eingedeicht ist oder nur einen kleinen Deich hat, wodurch die Hallig mehrmals im Jahr bei Sturmfluten überflutet wird. Die Bewohner müssen dann zum Teil tagelang auf ihren Warften ausharren, bis sich das Wasser wieder zurückgezogen hat.
Mit dieser Warnung im Hinterkopf kam ich mit meinen Kollegen per Fähre nach Langeneß. Unsere Aufgabe war es, das Vogelkiek-Seminar tatkräftig zu unterstützen. Dabei fielen natürlich auch Tätigkeiten an, die nicht traditionell zur Öffentlichkeitsarbeit gehören. So reisten wir mit einem großen Lebensmittelvorrat an, um die ca. 25 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in dieser Woche verpflegen zu können.
Meine Hauptaufgabe war es, die Küche zu unterstützen. Konkret hieß das um 7 Uhr aufstehen, Frühstück machen, abwaschen, Mittagessen machen, abwaschen, Abendessen machen und wieder abwaschen. Zugegeben, das war ein straffes Programm, aber es gab auch Pausen. Zum Beispiel durfte ich an einer Wattwanderung teilnehmen, die von einer Freiwilligen der Schutzstation Wattenmeer geleitet wurde. Jeder, der schon einmal eine Wattwanderung gemacht hat, kann das bestätigen: Durch das Watt zu wandern ist ein ganz besonderes Erlebnis.
Was mich aber am meisten beeindruckt hat, ist die Lebenswelt, die die Hallig bietet. Sie ist in einem Wort „friedlich“. Es ist eine einzigartige Landschaft. Das satte Grün wird nur von den schlängelnden Prielen unterbrochen, die sich über die ganze Hallig ziehen. Kühe, Schafe und vor allem im April/ Mai Tausende von Zugvögeln bevölkern die Wiesen. Zugvögel wie die Ringelgans rasten hier, um sich ein Fettpolster für die Weiterreise in den kalten Norden Sibiriens anzufressen.
Die Teilnehmenden des Vogelkieks waren Hobbyornithologen, die dort im Rahmen von Seminaren tiefer in die Welt der Ornithologie eintauchen wollten. Für mich, der mit der Faszination von Vögeln wenig am Hut hat, war es teils befremdlich, teils herzerwärmend zu sehen, wie eine Gruppe von Menschen mit Ferngläsern und Spektiven bewaffnet mit dem Fahrrad über die Hallig fuhr, um eine bestimmte Vogelart in ihren Vergrößerungsgläsern einzufangen. Ich habe meine Freizeit nicht mit Vogelkunde verbracht, sondern versucht, die Natur in ihrer Gesamtheit einfach auf mich wirken zu lassen. Dort eine Stunde in Ruhe zu sitzen, nur unterbrochen vom Geschnatter der Gänse, war ein einzigartiges und unglaublich entschleunigendes Erlebnis.
Benjamin Klöppner
Umweltpraktikant 2024
Ort
Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer