Auf gute Nachbarschaft – Ein Tag auf der Hallig Habel
Heute machte ich mich schon um sieben Uhr morgens von der Hamburger Hallig aus mit dem Fahrrad auf den Weg in Richtung Festland, da ich die Möglichkeit bekommen hatte meine Nachbar-Hallig Habel zu besuchen.
Der Morgen fing trotz Schietwetter aber schon gut an, als auf dem Weg über den Deich eine Gruppe Brachvögel direkt über mir hinweg zog. Am Amsinck-Haus angekommen, wurde ich dann aufgesammelt und es ging weiter zum Hafen von Schlüttsiel. Dort wartete schon eine Gruppe aus einem Käferexperten, einem Moose und Flechten-Experten, Vogelwart*innen, dem Zuständigen für den Verein Jordsand und mehreren Nationalparkmitarbeitenden auf die Überfahrt nach Habel. Diese seltene Gelegenheit wollte sich niemand entgehen lassen.
Die Hallig Habel ist die kleinste der zehn Halligen, sie gehört zur Schutzzone I und auf ihr herrscht Betretungsverbot, weswegen sie nur das Sommerhalbjahr über von Vogelwart*innen bewohnt wird. Wir passten gerade so alle auf das kleine Schiff und aufgrund des Wetters war die Fahrt alles andere als ruhig. Die Wellen peitschten gegen das Boot, schwappten über Deck und wir schaukelten hin und her. Irgendwann kam jedoch auch schon die Hallig in Sicht und die beiden Vogelwart*innen, die die letzten zwei Wochen dort verbracht hatten, winkten uns bereits vom Anleger aus zu.
Als wir an Land kamen, sahen wir ein Meer aus Strandastern und besprachen dann kurz im Wohnhaus, warum wir alle hier heute auf der Hallig Habel sind. In den 1970er Jahren waren die Halligflächen starker Erosion ausgesetzt und es waren große Flächen offenen Bodens entstanden. Um die Erosion zu vermindern, das Wasser schnell abfließen zu lassen und die Sedimentation zu fördern, wurde in den späten 1970er Jahren ein Grabensystem nach dem Vorbild der Festland Salzwiesen-Entwässerung auf Habel angelegt. Auf trockenen Flächen etablierte sich im Verlauf der folgenden Jahre eine einheitliche Strandquecken-Gesellschaft. Das typische Mosaik der Salzwiesen verschwand. Man versuchte dann 2016 die Deckwerksabläufe zu verschließen, um wieder mehr Wasser in der Salzwiese zu halten. Da Quecken nicht gerne „nasse Füße“ haben, sollten sie mit dieser Maßnahme zurückgedrängt werden. Und tatsächlich hat sich seitdem die Vegetation auf der Hallig geändert und wurde sehr viel diverser.
Bei der Begehung der Hallig wurde jedoch auch deutlich, dass es wieder mehr Ablauf des Wassers bedarf, um zu starker Erosion entgegenzuwirken. Auf dem Weg über die Hallig konnten wir noch den Halligflieder-Spitzmaus-Rüsselkäfer entdecken, ein ganz kleiner und besonderer Bewohner der Salzwiese. Er ist auf die freigespülten Wurzeln seiner Wirtspflanze, den Hallig- bzw. Strandflieder angewiesen.
Nach der ebenso turbulenten Rückfahrt mit Schiff, Auto und schließlich Rad, war ich zwar komplett durchnässt und durchgefroren, aber auch sehr glücklich heute dieses Erlebnis machen zu können. Nach der heißen Dusche kochte ich mir noch was Leckeres und beobachtete mit dem Fernglas noch ein paar Vögel. Nachdem es jetzt am Abend wieder sonnig wurde, habe ich mich noch mit einem Buch ans Meer gesetzt und gelesen und konnte im Sonnenuntergang in der Ferne auf die kleine Hallig Habel schauen.
Katharina Most
Umweltpraktikantin 2024
Ort
Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer