Mit Kindern Tiere im Kellerwald erkunden

Kirke Müller sitzt in einem Wildschweingehege im Wildtierpark.

An diesem sonnigen Maitag fahre ich mit meinem Fahrrad von meiner Unterkunft, dem alten Forsthaus Bringhausen, zu meiner Arbeit ins BuchenHaus des Nationalparks Kellerwald-Edersee. Der längste Teil dieser Strecke führt direkt am Ufer des vollen Edersees entlang. Schon auf diesen 20 Minuten sehe ich Rehe auf den Wiesen und viele Vögel, die über den Fahrradweg huschen.

Ich freue mich jeden Tag über die vielen Tiere, denen ich hier begegne. Ich weiß inzwischen, wo ich mit großer Sicherheit Feuersalamander antreffe und wann ich mir sicher sein kann, auf der Wiese hinter dem Forsthaus Rehe und Hasen zu sehen.

Ich mache heute mit einem Ranger des Nationalparks eine Führung durch den zum Nationalpark gehörenden Wildtierpark. Eine Grundschule aus der Umgebung hat diese Woche Projekttage mit ihren dritten und vierten Klassen, um den Nationalpark genauer kennenzulernen. Wir haben ein Programm entwickelt, in dem eine Hälfte der Klassen etwas zu den Baumarten im Nationalpark lernt und die anderen Schüler:innen die Tiere der Umgebung erkunden. Ich betreue heute die Tiergruppe mit.

Um 9.00 treffen wir uns in der WildnisSchule, die an den Wildpark anschließt. Die Grundschüler:innen warten schon ungeduldig und aufgeregt. Wir stellen uns vor und erklären zuerst, was ein Nationalpark ist und was wir heute alles geplant haben. Nachdem Namensschilder geschrieben wurden, beginnen wir auch schon mit dem ersten Spiel. Zum Einstieg in das Thema der Nationalparktiere bekommt jedes Kind eine Tierfigur in die hinterm Rücken geschlossenen Hände. Diese Tiere werden nun ertastet und reihum werden die Eigenschaften und Vermutungen mitgeteilt. Wenn ein Tier erraten wurde, muss es auch noch auf Bildern dem richtigen Lebensraums zugeordnet werden. Nachdem alle Tiere richtig erkannt wurden und wir auf diese Weise viele Informationen zu den Tieren und dem Lebensraum Wald geben konnten, gehen wir raus in die Sonne. Es werden die Regeln für den Wildpark erklärt und los geht’s.

Auf einem Rundweg von 2,5 km können die Kinder hier aus nächster Nähe die heimischen Tierarten erleben. Ein Highlight für die Kinder sind die schlafenden Dachse und Füchse, die wir in einer Höhle durch Fenster unter der Erde gut sehen können. Ich erkläre den Schüler:innen, aus welchen Perspektiven verschiedene Tiere ihre Umwelt wahrnehmen und wir probieren den Spiegelgang, der allen viel Spaß zu machen scheint. Jede:r setzt einen Spiegel über oder unter die Augen und kann so die Welt aus der Sicht von Rotmilan und Feuersalamander sehen. Als wir bei den Rothirschen ankommen, werden viele Geweihe, Felle und Trittsiegel sowie Bilder der Tiere ausgebreitet, um den Unterschied zwischen Rothirschen, Damhirschen und Rehen zu erklären. Die Kinder ordnen die Materialien den Bildern zu und dürfen sich die großen Geweihe auch mal auf den Kopf setzen.

Jetzt sollen sie selbst aktiv werden. Wir teilen die Klasse in vier Gruppen, denen jeweils ein Tier zugeordnet wird. Die Gruppen bekommen von uns einen Forschungsauftrag und sollen das Verhalten der jeweiligen Tiere in den Gehegen ganz genau beobachten. Zusätzlich sollen sie sich an den Informationstafeln wichtige Punkte notieren und so einen kleinen Steckbrief erstellen. Als wir uns wieder versammeln, darf eine Gruppe nach der anderen ihre Ergebnisse präsentieren. Es ist sehr schön zu sehen, dass die Kinder die Aufgabe stolz und engagiert gelöst haben. Nach den Vorträgen machen wir uns wieder auf den Weg zum Ausgang. Das Programm kam sehr gut bei den Kindern an. Ich bin mir sicher, dass diese Angebote ein sehr wertvoller Beitrag zur Naturbildung der Kinder sind. In meinen Augen lässt sich Natur und Umweltschutz am besten draußen erlernen, vor allem wenn man den Nationalpark direkt vor der Tür hat.

Nach drei Stunden anspruchsvollem Programm mache ich erst einmal eine erholsame Mittagspause. Danach sammle ich die Materialien aus dem Park ein und verstaue alles wieder gut für den nächsten Projekttag. Ich bereite mich nun auf unser Vorbereitungstreffen am Nachmittag vor. In diesem Jahr wird das 13. Bundestreffen der Junior Ranger bei uns im Kellerwald stattfinden, zu dem in zwei Wochen naturbegeisterte Junior Ranger aus verschiedensten Naturschutzgebieten kommen werden. Langsam wird es deshalb echt spannend.

Kirke Müller

Umweltpraktikantin 2023

Ort

Kellerwald-Edersee