Hoch über den Dächern

Storchenjunge in ihrem Horst über den Dächern von Rühstädt.

Dieser Donnerstag mitten im Juni begann ganz ruhig mit einem Vormittag im Büro, wo ich die Daten für mein Projekt im Waldumbau auswerte. Kurz nach dem gemeinsamen Mittagessen draußen in der Sonne kam dann der ersehnte Anruf: Die beiden Hebebühnen sind in wenigen Minuten da! Zusammen mit anderen Freiwilligen mache ich mich sofort auf den Weg zum Treffpunkt in Rühstädt.

Der Ort ist als offizielles Europäisches Storchendorf bekannt, nicht nur hier in Brandenburg, sondern auch weit über die Grenzen hinaus. Fast jedes Haus und jede Scheune trägt ein Storchennest, auch "Horst" genannt. Und genau dahin sollen wir gleich hinauffahren, um den Storchennachwuchs zu beringen.

Nach einer kurzen Einführung durch den Vorsitzenden des NABU Prignitz machen wir uns auf den Weg zum ersten Horst. Nach kurzem Manövrieren ist alles bereit, und auch interessierte Nachbarn schauen gespannt zu, denn die Storchberingung ist hier jedes Jahr ein aufregendes Ereignis. Zuerst notiere ich nur die Codes der Ringe, die an die Jungstörche angebracht werden. Diese Ringe ermöglichen es später, die Wege der Störche über ihre Lebensdauer hinweg zu verfolgen.

Beim nächsten Horst steigt meine Aufregung, denn ich darf jetzt selbst mit nach oben fahren und bei der Beringung assistieren. Je mehr ich von oben auf das Dorf blicken kann, desto mehr verfliegt die Aufregung und verwandelt sich in pure Begeisterung. Die Storchenjungen von so nahmen zu sehen und ihr Verhalten faszinieren mich, denn sie liegen vollkommen bewegungslos da. Dieses Verhalten des Totstellens ist bei einer möglichen Gefahr ganz normal und nennt sich Akinese. Und nun geht es für mich endlich mit der Beringung los. Wir ziehen das erste Junge sanft heran, und ich helfe dabei, das Bein zu halten und den Ring zu befestigen. Es ist erstaunlich, wie sich die Beine des Storchenkükens anfühlen, irgendwie weich und doch lederartig. Nachdem auch der zweite Ring angebracht ist, legen wir das Junge behutsam wieder zurück ins Nest und wiederholen das Ganze mit den anderen beiden. Danach geht es noch zu zehn weiteren Horsten und es ist jedes Mal ein sehr aufregendes Gefühl, wieder nach oben zu fahren.

Zurück in meinem Zimmer im Verwaltungs- und Besucherinformationszentrumgebäude in Rühstädt falle ich sehr müde, aber auch sehr zufrieden ins Bett. Diese Erfahrung war einmalig und wird mir sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben.

Sarah Träder

Umweltpraktikantin 2023

Ort

Flusslandschaft-Elbe Brandenburg