Fledermausexkursion
Meine Arbeitszeit an jenem Tag begann pünktlich um 12 Uhr mittags. Also quasi dann, als alle anderen gerade Mittagspause machten. Warum so spät, fragt sich der aufmerksame Leser. Spät ist dabei auch gleich das richtige Stichwort, denn an diesem Tag wurde es tatsächlich sehr spät mit dem Feierabend. So spät, dass es schon eher Feiernacht heißen müsste, denn heute ging es auf eine Fledermausexkursion.
Da mein Vorwissen dazu quasi nicht vorhanden war, habe ich in Vorbereitung ein wenig Wikipedia und NABU-Artikel geschmökert, bevor es dann per Zug nach Wilgartswiesen ging. Dort befindet sich nämlich direkt im Rathaus eine Kolonie des großen Mausohrs (Myotis myotis) und gar nicht mal so eine kleine. Ungefähr 1300 Individuen (darunter ganze 2 Männchen) übertagten nur zwei Stockwerke über uns auf dem Dachboden, während wir von den Referenten Anja Weiler, Annette Schwarz und Wolfram Blug etwas über diese Fledertiere erzählt bekamen. Und mit etwas meine ich es hätte eigentlich ein einwöchiges Seminar mindestens dazu geben müssen, um eventuell alles abzudecken, was es über Fledermäuse zu berichten gibt.
Im Anschluss daran folgte die pädagogische Einheit auf dem Rathausplatz, wo auch gerade der Nachwuchs der freiwilligen Feuerwehr zu Gange war. Und während also die Kinder professionell für Rettungseinsätze trainierten, spielten die Erwachsenen nebendran Fledermausspiele.
So weit so spaßig, als vorletzten Programmpunkt gab es eine Einführung in die Benutzung des Fledermausdetektors. Denn wie zu erwarten bestimmt man eine Fledermaus nachts eher selten an ihrem Äußeren und viel eher an ihrem Ruf. Beim großen Abendsegler geht das sogar mit dem bloßen Ohr. Vorausgesetzt man hat auf Konzerten und Festivals immer brav Oropax getragen.
Und dann endlich, das große Finale: Der Ausflug des großen Mausohrs aus dem Rathausdachboden. Meine Aufgabe bestand zum Glück nur darin einen der Detektoren zu halten, während meine Kollegin Anne das große Los gezogen hatte und mithelfen durfte, die ausfliegenden Fledermäuse zu zählen. Mal kam nur eine aus der Öffnung im Mauerwerk geschossen, dann drei auf einmal, dann auch mal keine und dann wieder fünf auf einen Schlag, von denen eine aber direkt wieder kehrt machte, weil sie ihr Portemonnaie vergessen hatte. Insgesamt zählten drei Leute, die natürlich alle auf eine andere Zahl kamen. Das ist auch genauso gedacht, weshalb bei solchen Zählungen aus den verschiedenen Werten der Mittelwert genommen wird. Bei uns lag dieser bei fast 1000.
Da nicht die gesamte Kolonie ausfliegt, kann man ungefähr abschätzen, dass die Population zumindest nicht stark geschrumpft ist. Das ist beruhigend festzustellen und alles andere als selbstverständlich bei schrumpfender Insektenbiomasse und dem Verlust geeigneter Habitate.
Immanuel Koschnitzke
Umweltpraktikant 2023
Ort
Pfälzerwald-Nordvogesen