Seehundzählung über dem Wattenmeer

Ayleen sitzt im Flugzeug über dem Wattenmeer.

Ein Job in einer Behörde ist langweilig? Nicht in der Nationalparkverwaltung Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Hier absolviere ich zwischen Juli und Oktober mein Commerzbank Umweltpraktikum im Fachbereich Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung. Bisher habe ich neben meinen Hauptaufgaben, der Gestaltung von Plakaten, Flyern und weiteren Informationsmaterialen, auch einige Kolleg*innen im Nationalpark begleitet und unser Nationalpark Infomobil betreut.

Heute hatte ich die einmalige Gelegenheit, die Mitarbeiter:innen von BioConsult SH bei einer Seehund-Zählung zu unterstützen. Dabei wurde der aktuelle Robbenbestand im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer erfasst, und zwar aus dem Flugzeug.

In fünf Stunden überflogen wir alle Seehundsbänke zwischen Brunsbüttel an der Elbe und Sylt. Dabei machte der Diplom-Biologe Jorg Welcker Fotos von den Liegeplätzen, mit deren Hilfe nachträglich die genaue Bestandszahl ermittelt werden soll. Ich hatte die Aufgabe, kleinere Gruppen und einzelne Tiere, die nicht fotografisch dokumentiert wurden, mit einem digitalen Diktafon zu erfassen. Es war der letzte Termin für das Jahr 2022. Denn die Zeit, in der die Seehunde durch ihren Fellwechsel in großer Zahl auf den Sandbänken zu finden sind, neigt sich dem Ende.

Zur Mittagszeit traf ich auf dem Flugplatz ein. Ich war sehr aufgeregt. Nicht nur, weil der NDR für das Schleswig-Holstein Magazin einen Beitrag über unsere Arbeit drehen wollte. Es war der erste Flug meines Lebens. Unzählige Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich das kleine Flugzeug sah: Aufregung, Vorfreude, ein leicht flaues Gefühl in der Magengegend, doch keine Angst. Warum sollte ich auch vor etwas Angst haben, das ich noch nicht kannte?

Gegen 13:00 Uhr, etwa zwei Stunden vor dem maximalen Wassertiefstand, ging es los. Wir flogen während der Niedrigwasserperiode, da sich dann die meisten Seehunde auf den Sandbänken ausruhten. Der Start des Flugzeuges ging so schnell, dass mir zunächst nicht bewusst war, in welcher Höhe ich mich plötzlich befand. Bei schönstem Sonnenschein flogen wir unter den Wolken und über zahllose Windräder die Schleswig-Hosteinische Nordseeküste entlang. In den ersten zwanzig Minuten erhielt ich eine kurze Einweisung, wie ich mit den Geräten arbeitete. Dann sah ich endlich das Meer und das Watt. Es war das wundervollste und faszinierendste Naturschauspiel, das ich bisher sehen durfte. Die endlose Weite, die verschlungenen Priele und die Seehundsbänke.

Die Arbeit begann und aus dem entspannten Rundflug wurde eine Achterbahnfahrt. In engen Abwärtskurven kreisten wir über die Sandbänke, um wirklich jedes Tier zu entdecken. Das war nicht ganz einfach. Durch unsere Flughöhe und dem stellenweise blendenden Sonnenlicht fiel es uns nicht immer leicht, die Seehunde von größerem Treibgut oder anderen Tieren zu unterscheiden. Das zeigte mir, wie viel Erfahrung für diese Arbeit erforderlich war.

Obwohl mir bei einigen sehr turbulenten Flugmanövern ziemlich unwohl wurde, genoss ich den Flug sehr. Als wir am späten Nachmittag wieder auf dem Flugplatz landeten, verließ ich mit weichen Knien und unendlich vielen Eindrücken die Maschine. Ein Reporter des NDR stellte uns noch einige Fragen zum Flug und den Bestandszahlen. Diese können wohl erst in etwa vier Wochen konkret benannt werden, denn solange dauert es, die über 500 Fotos des Tages auszuwerten.

Ayleen Vorberg

Umweltpraktikantin 2022

Ort

Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer