Inmitten 1000-jähriger Eichen

Philipp schaut von einem Aussichtspunkt auf einen großen Fluss im Nationalpark herab.

Der nordhessische Nationalpark Kellerwald-Edersee ist für sein großes zusammenhängendes Buchenwaldgebiet bekannt. Seit Oktober 2020 wurde das Schutzgebiet unter anderem um die Steilhänge nördlich des Edersees erweitert, welche eine ausgesprochen besondere Flora und Fauna aufweisen. Weite Teile der neuen Nationalparkflächen standen schon zuvor unter Schutz und sind seit langem aus der forstlichen Nutzung genommen.

Von 2009 bis 2018 war dieses Gebiet - rund um die Steilhänge - ein Teil des Naturschutzgroßprojektes Kellerwald-Edersee. Über dieses Projekt wurden finanzielle Mittel bereitgestellt, um diese Flächen besser zu schützen, Pflegemaßnahmen durchzuführen oder die naturschutzfachlichen Besonderheiten zu erforschen. Durch die Angliederung an den Nationalpark kann dort nun eine Folgesicherung des Schutzstatus gewährleistet werden.

Mir wurde die Möglichkeit gegeben, einer Abteilung der Fakultät Forstwissenschaften und Waldökologie (rund um einen meiner ehemaligen Dozenten), die naturschutzfachlichen Besonderheiten des Erweiterungsgebietes zu präsentieren. Die Exkursion begann auf dem Wanderparkplatz „Trappenhardt“. Ich führte die Gruppe den Großteil der Strecke entlang des Urwaldsteiges. Dieser verläuft einmal komplett um den Edersee und zeichnet sich durch seine ausgesprochen schmalen und naturnahen Pfade aus.

Das Gefühl, mitten in der „werdenden Wildnis“ zu sein, ist hier allgegenwärtig. Parallel zum Urwaldsteig verläuft auf einem Teilstück der „Knorreichenstieg“. Wie der Name bereits verrät, wachsen dort in extremer, südlich exponierter Steilhanglage hunderte knorrige Baumgestalten - überwiegend Eichen. Mit Hilfe der Radiokarbonmethode wurden diese Bäume im Hinblick auf ihr Alter untersucht und es hat sich herausgestellt, dass sie teilweise über 1000 Jahre alt sind. Dieses Alter, welches sich primär auf die Wurzelstöcke bezieht, löste großes Erstaunen bei den Teilnehmenden aus. Es sind damit die ältesten Eichen Deutschland’s. Sie sehen so skurril aus, weil sie auf diesem Standort nur ein limitiertes Angebot an Wasser und Nährstoffen zur Verfügung haben.

Neben den uralten Eichen beheimatet das Erweiterungsgebiet diverse weitere Naturschätze. Dazu zählen unter anderem Urwaldreliktarten wie der ästige Stachelbart (Pilz), der veilchenblaue Wurzelhalsschnellkäfer, der Mittelspecht, die Graslilie und die Pfingstnelke als Eiszeitreliktart.

Im weiteren Verlauf erhielten wir immer wieder wunderschöne Ausblicke auf den See und die Gruppe bestaunte eindrucksvolle Waldbilder. Als Abschluss gelangten wir zur „Schönen Aussicht“, welche einen freien Blick auf den Edersee, direkt über den knorrigen Eichen, gewährt (siehe Bild) – ein gelungener Abschluss!

Mir macht es großen Spaß, die Menschen zu diesen besonderen Orten zu führen, in dessen Umgebung ich aufgewachsen bin und welche ich meine Heimat nennen darf.

Philipp Dierich

Umweltpraktikant 2022

Ort

Nationalpark Kellerwald-Edersee