Fledermausexkursion

Oliver Kox mit dem "Batdetektor" im Wald auf der Suche nach Fledermäusen.

An jedem Mittwoch im Juli und August ist es soweit. Der Dienst endet an diesem Tag nicht schon kurz nach Türschluss im Nationalparkhaus Sankt Andreasberg. Heute steht nämlich eine besondere Wanderung an, die viele Interessierte, Touristen wie Einheimische, anlockt: Die Fledermausexkursion. Die Tiere fliegen dann, wenn wir Menschen uns normalerweise in unsere Häuser zurückziehen, nämlich wenn es dunkel wird. Und so sind viele Mythen um die fliegenden Säugetiere im Laufe der Jahrhunderte entstanden. Auf jeden Fall haben Fledermäuse unter der Bevölkerung viele, die sie lieben oder sie, sagen wir, als speziell wahrnehmen. Immer ist jedoch eine gewisse Faszination dabei, wenn man ihnen begegnet.

Um sie besser zu verstehen, begeben wir uns, je nach Anzahl der Teilnehmer:innen der Wanderungen, in Gruppen vor die Tür des Nationalparkhauses. Dort gibt es zunächst einen kleinen Vortrag mit Bildern: Was sind Fledermäuse? Welche Arten gibt es? Was fressen sie? Wie leben sie? Wo leben Sie? Bei der Frage nach dem Wo stehen der Nationalpark und auch Sankt Andreasberg im Fokus.

Der Nationalpark bietet mit seiner reichhaltigen Habitatstruktur und den gegenwärtig großflächig absterbenden Fichtenmonokulturen ideale Sommerquartiere. Viele Arten sind nämlich so klein, dass ihnen dazu ein Stück vom Baum abstehender Rinde völlig genügt. Doch auch im Winter ist für sie bestens gesorgt. Gerade in der Umgebung Sankt Andreasbergs als ehemals bedeutendem Bergbauort gibt es eine Vielzahl verlassener Stollen. Sie sind, ähnlich wie natürliche Höhlen, im Winter meist frostfrei und feucht, was die Fledermäuse sowohl vor dem Erfrieren als auch vor dem Dehydrieren bewahrt.

Nicht zuletzt ist das Angebot an Insekten, anders als in vielen Städten, im Harz noch sehr groß. Und da alle unsere heimischen Fledermausarten Insekten- oder Spinnenfresser sind, liegt der Vorzug dieser Region auf der Hand. Nachdem das Wichtigste über die Fledermäuse gesagt ist, gehen wir mit den Gruppen vom Nationalparkhaus aus steil hinauf zum Kurpark von Sankt Andreasberg, vorbei an der UNESCO-Welterbestätte Grube Samson.

Im Park gibt es einen kleinen Stauteich aus der Bergbau-Ära, den Hilfe-Gottes-Teich. Heute dient er der Naherholung. Und nachts? Da dient er als Buffet, denn Schwärme von Fliegen und Mücken surren im Sommer darüber. Je nach Wetter heißt es dann aber erst einmal warten, wann und wo die erste Fledermaus auftaucht. Dazu haben wir ein spezielles Gerät dabei: den „Batdetektor“. Er wandelt die rhythmischen Klänge der Echoortung der Tiere vom Ultraschallbereich in für uns hörbare Töne um. Sie klingen von Art zu Art durchaus verschieden, doch das allein genügt selbst für sehr versierte Fledermausfreunde oftmals nicht zur einwandfreien Bestimmung. Dazu gehört nämlich auch die Kenntnis über die typischen Jagdzeiten, das Flugverhalten oder den Ort.

Bei jeder unserer Exkursionen entdecken wir die Zwergfledermaus. Sie kommt hier am häufigsten vor. Wenn die Dämmerung vorbei ist und völlige Dunkelheit eintritt, kann man auch die Wasserfledermaus beobachten. Sie klingt im Batdetektor ähnlich wie die Zwergfledermaus, jagt aber später und fliegt sehr dicht über der Wasseroberfläche. Als dritte Art auf meinen Wanderungen konnte ich die relativ große Breitflügelfledermaus sehen und hören. Sie klingt im Detektor deutlich anders als die anderen beiden Arten und fällt im Flug auch durch ihren kräftigeren Körperbau auf.

Der Nationalpark Harz hat eine große Verantwortung für den Fledermausschutz, denn von den 24 in Deutschland nachgewiesenen Fledermausarten kommen allein 18 hier vor. Die Bewahrung dieser besonderen Tiere ist eine der Kernaufgaben des NABU. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass im Nationalparkhaus Sankt Andreasberg, das vom NABU betrieben wird, ein besonderer Ausstellungsteil den Flugkünstlern der Nacht gewidmet ist, das Fledermausreich. Hier wird sehr anschaulich mit vielen interaktiven Elementen das erklärt, was wir den Gästen auch auf unseren abendlichen Exkursionen erzählen.

Viele Gäste der Wanderungen besuchen unsere Ausstellung dann in folgenden Tagen. Das ist immer ein schönes Gefühl, denn es zeigt, dass wir das Interesse oder gar die Sensibilität für diese Tiere gestärkt haben.

Oliver Kox

Umweltpraktikant 2022

Ort

Nationalpark Harz