Wildnisnacht - eine wilde Nacht?

Eine Gruppe von Menschen sitzt auf einer Lichtung im Wald

Es ist schon etwas Besonderes, was hier im Nationalpark Kellerwald-Edersee passiert. Eine Nacht im Wald verbringen? Strengstens verboten! Aber eine Ausnahme gibt es dann doch. Zweimal im Jahr wird eine Wildnisnacht angeboten, bei der man seine Komfortzone auf jeden Fall verlassen muss. Doch was genau ist eine Wildnisnacht? Anfangs wussten wir Umweltpraktikantinnen und FÖJ-ler:innen das auch gar nicht so genau.

Um 9:30 Uhr sollen wir da sein und später eine Nacht draußen unter freiem Himmel im Nationalpark verbringen. Also kein Zelt, kein Strom, keine üblichen Annehmlichkeiten. Alles was wir brauchen, müssen wir selbst mit- und auch wieder zurückbringen. Etwas aufgeregt begeben wir uns also zum vereinbarten Treffpunkt. Die Gäste sind noch nicht da. Wir treffen schnell die letzten Vorbereitungen, ehe die Gäste dann um Punkt 10:00 Uhr vor der Tür stehen. Auch diese wirken etwas nervös und wissen noch nicht genau, was sie erwartet. Die beiden Ranger Steffi und Felix trommeln alle zusammen und wir stellen uns in einer gemütlichen Runde kurz vor. Elf Leute insgesamt. Von Kindern bis Erwachsene ist alles dabei.

Nach der ersten Begrüßung geht es ans Rucksack packen. Schnell merken einige, dass ihre Rucksäcke wohl doch zu klein sind. All unser Essen und das Equipment muss ja schließlich auch noch mit. Also her mit den großen Rucksäcken und es wird umgepackt. Der ein oder andere lässt die schwere Jacke und das extra Paar Socken nun doch zurück. Den Gästen wird klar: man braucht eine Menge Sachen, um eine Nacht im Nationalpark gut zu überstehen. Nachdem jeder mit einem Schlafsack, Isomatte, Trinkbeutel, Essen und Zubehör ausgestattet ist, geht es auch schon los.

Wir wandern ein Stück bis zum Eingang des Nationalparks. Hier setzen wir die Rucksäcke ab und Steffi erzählt über den Nationalpark: Was ist ein Nationalpark? Was heißt „Natur Natur sein lassen“? Welche Regeln gibt es im Nationalpark? Anschließend packen wir unseren „Tisch“ (besser würde es eine zerschnittene Tischdecke treffen) aus und decken ihn reichlich mit Brot, das direkt nebenan gebacken wurde, regionaler und biologisch produzierter Wurst, Käse und veganen Aufstrichen. Um den ökologischen Aspekt zu verstärken, wird stets darauf geachtet, dass alles aus der Region kommt und möglichst nachhaltig produziert wird. Natürlich haben wir auch unseren Müll gesammelt und wieder mitgenommen.

Es geht also weiter. Über tote Bäume, unter toten Bäumen hindurch, steilere Hänge hinauf und wieder hinunter. Nach einigen Pausen (20 kg Gepäck auf dem Rücken merkt man schon!) haben wir es zum Nachtlager geschafft. Wir sollen erst einmal ankommen und alles auf uns wirken lassen. Also verteilten wir uns, setzen uns auf die Isomatten und schließen die Augen. Wie lange? Keine Ahnung! Uhren und Handys haben wir ja zuhause gelassen. Nach einiger Zeit bauen wir unser Nachtlager auf. Jeder hat sein Plätzchen. Auf unsere Tischdecke legen wir all unsere Vorräte und fangen an zu kochen. Es gibt Nudeln mit Tomatensoße. Alle helfen mit und am Ende hat es auch allen geschmeckt.

Bei beginnender Dämmerung machen wir uns zu unserer Nachtwanderung auf. Zu einer Wildwiese in der Hoffnung Wild zu sehen. Leider kommt aber kein Tier zum Vorschein. Dabei hatten wir extra das Schleichen geübt. Aber so ist das nunmal in der Wildnis, man kann nichts garantieren. Wir begeben uns dann auf den Rückweg in völliger Dunkelheit. Angekommen, legen wir uns sofort in die Schlafsäcke und alle schlafen direkt ein. Es herrscht eine atemberaubende Stelle, nur ein Kauz ist zuhören. Mitten in der Nacht hören wir ein Wildschwein direkt hinter uns grunzen. Aber es ließ uns in Ruhe und wir es auch. Am nächsten Morgen wird ausgiebig gefrühstückt, danach wird abgebaut und wir packen erneut die Rucksäcke und wandern gemütlich zurück zum Buchenhaus, unserem anfänglichen Treffpunkt. Beim Buchenhaus angekommen werden die Sachen sortiert und für die morgige Wildnisnacht vorbereitet.

Wir verabschieden uns und sind uns sicher, alle fallen am Abend geschafft ins Bett.

Lucy Fleischhauer

Umweltpraktikantin 2021

Ort

Nationalpark Kellerwald-Edersee