Wie der Specht zu seinem Ring kam

Ein Schwarzspecht-Küken wird beringt (Foto Simon Dohrmann)

„Pick-werwick Pick-werwick“, ruft der Wachtelhahn schon in den frühen Morgenstunden weit über die Halboffenlandschaft des Nationalpark Hainichs hinweg. Mit einer weiteren Praktikantin und einem Ranger bin ich bereits unterwegs. Wir haben heute ein volles Programm vor uns.

 

Wir starten mit dem Reptilienmonitoring. Aufmerksam durchstreifen wir die Wiesen und dokumentieren jede Blindschleiche, Waldeidechse, Zauneidechse und Schlingnatter. Bald schon steht die Sonne hoch am Himmel. Die wechselwarmen Echsen werden erst jetzt so richtig aktiv, doch wir ziehen uns lieber in das gemäßigte Klima des Buchenurwaldes des Hainichs zurück.

Mit Leitern ausgerüstet ziehen wir nun zu ausgewählten Punkten, um die hier angebrachten „Batcorder“ auszutauschen.  Diese akustischen Aufnahmegeräte zeichnen eine Woche lang jede Fledermaus-Ruffolge auf. Die Daten helfen dabei Erkenntnisse über die Artenzusammensetzung und Populationsdynamik der Fledermäuse zu gewinnen. Besonders viel Freude beschert uns Batcorder Nummer 7. Innerhalb der letzten Woche hat er über tausend Tonsequenzen aufgezeichnet.

Nach einer kurzen Mittagspause im Garten der Nationalparkverwaltung in Bad Langensalza geht es wieder raus. Jetzt begleiten wir zwei Botaniker:innen bei der Offenlandkartierung. Die genaue Dokumentation der Vegetationsdynamik soll unter anderem Erkenntnis darüber geben, welche Beweidungsart auf den extensiv genutzten Freiflächen des Nationalparks welche Auswirkungen hat. Bei unseren Aufnahmen begegnen wir echten Seltenheiten wie der Bienenragwurz oder der Gras-Platterbse. Beide werden auf der bundesweiten Roten Liste als stark gefährdet eingestuft.

Die Sonne sinkt schon wieder, als wir uns zur letzten und wohl spannendsten Station des Tages begeben: Der Beringung von drei juvenilen Schwarzspechten. Die Markierung der Jungvögel soll einen Überblick über die Verbreitung, die Todesursachen und das Alter der Spechtpopulation des Hainichs geben. Mit einer beeindruckend starken Zwille wird zunächst ein Seil über eine Astgabel des Brutbaums geschossen, dieses wird verstärkt und gesichert. Anschließend klettert ein Ranger bis hin zu Bruthöhle. Vorsichtig entnimmt er die leise schnatternden Jungspechte. Von den Eltern fehlt noch jede Spur. In einem Sack senkt er sie herab, wo sie in Empfang genommen werden. Die Jungvögel werden beringt, gewogen um anschließend wieder heraufgezogen und in ihre Höhle gesetzt zu werden. Gerade rechtzeitig, denn die Eltern sind zum Brutbaum zurückgekehrt, um ihre Küken zu füttern. Nun kehren auch wir wieder nach Bad Langensalza zurück und ein langer, ereignisreicher Arbeitstag geht zu Ende.

Simon Dohrmann

Umweltpraktikant 2021

Ort

Nationalpark Hainich