6.00 Uhr in Deutschland, janz weit draußen

Zwei Umweltpraktikantinnen im Einsatz (Foto Louisa Bahl)

Wir schreiben den Monat Mai 2021 im Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe-Brandenburg und an unserem ersten Praktikumstag haben wir bereits sommerlichste Temperaturen von mehr als 28 Grad im Schatten hinter uns. Wenn ich von „wir“ rede, meine ich meine geschätzte Mitpraktikantin Laura (links) und mich: Ich heiße Louisa und wenn ich nicht grade tausende Hainbuchensamen in die Erde bringe, bin ich Masterstudentin im grünen Freiburg im Breisgau janz weit südlich.

 

An besagtem Dienstag stehen Laura und ich bereits um 6.00 Uhr morgens bereit zur Abfahrt in eine der Kernzonen des Biosphärenreservats. Bepackt mit einer Tonne Insekten- und Zeckenschutzmittel, zwei Harken, Eimern, sechs Kilogramm Samen und literweise Wasser steigen wir zu Torsten ins Auto. Torsten ist Förster von Haus aus und im Biosphärenreservat seit 2010 für die Umsetzung von NATURA 2000 zuständig.

Angekommen an den zwei eingezäunten Kahlflächen, auf denen der Farn wuchert, nachdem die vom Borkenkäfer befallenen Fichten gefällt wurden und die letzten jungen Birken dem Wind Widerstand bieten, wissen wir schon vom Vortag was ansteht: Wir zücken das Insekten- und Zeckenschutzmittel, weil nahezu alle Stechmücken Brandenburgs für ein Festmahl zusammengekommen sind. Frisch eingesprüht steigen wir mit unseren sieben Sachen über das Zaungatter in die erste, circa 4 Hektar große Fläche ein, die wir bereits am Vortag mit Hainbuche und Winterlinde besät haben. Dabei bindet frau sich der Einfachheit halber einen Eimer um den Bauch, befüllt diesen mit ein paar Händen voll Samen und begibt sich über das zugewucherte Feld. Auf den vom Farn verschonten Flächen harken wir den Boden auf, bis wir unter Fichtennadeln, Moos und Sand den dunklen Humus sehen. Dann befüllen wir das erzeugte Loch mit einer Prise Samen aus dem Eimer, krümeln ein wenig Boden darüber, treten ihn fest und weiter geht’s zum nächsten.

Nachdem wir am gestrigen Montag vor lauter Mittagshitze mehr Pausen einlegen mussten, genießen wir die kühle Luft um 7.00 Uhr morgens und machen uns an die Arbeit. Trotz den Zäunen, die das Wild draußen halten sollen, finden wir immer wieder kleine Bäumchen mit abgekauten Enden oder geschickt gegrabene Kuhlen unterm Zaun hindurch. Wieder zurück im Besucherzentrum Rühstädt des Biosphärenreservats Flusslandschaft Elbe-Brandenburg, in dem Laura und ich nicht nur arbeiten, sondern auch die drei Monate leben, endet der Arbeitstag mit einer kleinen Vorstellungsrunde im Team. Auf sonnigen Bierbänken sitzen wir zusammen und lassen den Tag gemeinsam mit einem Freiwilligen vom Naturschutzbund ausklingen.

Die drei Tage draußen, in denen wir unsere ersten Bäume pflanzten, waren ein echt praxisnaher Start in mein Commerzbankumweltpraktikum. Durch meinen letzten Nebenjob an der Universität Freiburg, in dem ich mit einigen anderen Studierenden Zeitungsartikel zum Thema Waldsterben analysierte, war es für mich eine sinnstiftende Erfahrung, Waldumbau selbst in der Praxis umzusetzen und nicht nur darüber zu lesen. Es ist etwas völlig anderes, in hunderten Artikel zu lesen, wie schlimm die Trockenheit, die Stürme, das Klima und der Borkenkäferbefall der letzten Jahre dem Wald zusetzen. Aber auf kahlrasierten, hektargroßen Waldflächen kaum etwas Anderes als wuchernden Farn zu sehen und selbst den Waldumbau zu starten, fühlt sich wie eine sehr dringliche und notwendige Maßnahme für die Zukunft des Waldes und somit auch für das Biosphärenreservat an. Durch den Regen der letzten Tage sind wir zuversichtlich, dass die kleinen Buchen- und Lindensamen gut anwachsen und neues Leben entsteht.

Louisa Bahl

Umweltpraktikantin 2021

Ort

Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe - Brandenburg