Einsamkeit, was ist das?

Ein Umweltpraktikant als Vogelwart

Besucher:innen haben wir viele auf der Insel Neuwerk. Täglich kommen mit den Wattwagen und dem Schiff Menschen hierher, um sich die kleine Insel vor der Elbeinfahrt anzusehen, die noch zu Hamburg gehört. Allerdings sind das nicht die einzigen Gäste, die wir auf der schönen Insel haben.

Wenn sich das Wasser in die Nordsee zurückzieht und den Meeresboden freilegt, stürzen sich Tausende von Vögel auf Schnecken, Würmer und Muscheln. Das bleibt aber nicht lange so. Nur sechs Stunden trennt das Niedrigwasser vom Hochwasser und der Meeresboden ist wieder von der Nordsee überspült.

In dieser Zeit tun unsere Meeresvögel und Wattvögel das, was wohl am schlausten ist: Ganz ohne Stress, Müh und Not stehen sie an den Stränden und warten ungestört, dass sich das Wasser wieder zurückzieht und das Buffet sich offenbart. Ganz ungestört - stimmt nicht. Auch nur wenige Bewohner:innen und Besucher:innen, wie wir sie hier haben, sorgen doch schon für eine gewisse Unruhe bei den Vögeln. Deswegen sitzen der Großteil unserer Rastvögel im Hamburgischen Wattenmeer auf den kleinen Düneninseln Scharhörn und Nigehörn. Dort ist kein Gast, der sie stören kann. Das Betreten der Insel ist nämlich nur zu Niedrigwasser erlaubt und bevor die Flut kommt müssen Gäste die Insel wieder verlassen haben.

Alle Menschen? Nein. Ein einzelner Vogelwart bleibt den ganzen Sommer über standhaft auf Scharhörn. In einer kleinen Station lebt und beobachtet er die Vogelwelt um sich herum. Und weil das so viele sind, kommt alle zwei Wochen eine helfende Kraft durchs Watt gewandert und darf in dieser fast menschenleeren Natur mithelfen, die Vögel zu zählen. Diese Woche war ich das und wurde in guter Obhut durch die überflutete Salzwiese geführt.

Ist der Vogelwärter einsam? Nein. Wer kann bei über 50.000 Vögeln von Einsamkeit sprechen?

 

Simon Dolinga

Umweltpraktikant 2021

Ort

Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer