Ein Tage- und Nachtbucheintrag

Foto bei Nacht, auf dem das Ausmaß der normalen Lichtverschmutzung deutlich wird: Es ist nicht wirklich dunkel.

Morgens um kurz nach 8 Uhr klingelt mein Wecker. Der erste Blick geht wie immer aus dem Fenster und wie so oft hüllt dichter Nebel das Torfhaus ein. Also ein ganz normaler „Harzer Hochsommer-Morgen“ auf 800 m ü. NHN in Torfhaus. Nach einem Müsli geht es um 8.45 Uhr durch den Nebel rüber ins Besucherzentrum, denn heute habe ich von 9 bis 17 Uhr Tresendienst.

Nachdem die Ausstellung etwas aufgeräumt und die Kasse vorbereitet sind, wird das Zentrum um 9 Uhr eröffnet. Wenn die ersten Besuchenden das Besucherzentrum betreten, erkunden sie zuerst die Ausstellung: Die Kinder lauschen in der Baumhöhle den Geschichten von Boris dem Borkenkäfer, bestaunen den ausgestopften Wolf oder begeistern sich für das Höhenmodell mit seinen verschiedenen Lämpchen. Auch die Erwachsenen bestaunen die Ausstellung und hinterm Tresen kommen so einige Fragen an: „Wie geht es zum Brocken?“, „Gibt es hier auch Toiletten?“, „Wo kann ich mein Parkticket bezahlen?“, „Warum sind hier eigentlich alle Bäume tot? Das sieht ja schlimm aus!“.

Als der Tag schon fast vorbei ist und wir schließen wollen, klingelt das Telefon: Ein Lehrer und seine Klasse, die bereits gestern bei mir eine Führung zum Eckersprung gemacht hatten, fanden die Idee einer Nachtwanderung so gut, dass sie heute Abend spontan eine eben solche buchen wollen. Lust dazu habe ich und über den Tag hatte ich mir provisorisch schon ein paar Gedanken über ein grobes Konzept gemacht. Die Jagdzeiten habe ich zuvor abgeklärt und auch die Kolleg:innen vom Nationalparkhaus Sankt Andreasberg zu ihren Nachtwanderungen befragt. Das Konzept stand also grob und der Rest läuft wie bei jeder Führung spontan an den Phänomenen, die uns auf dem Weg so begegnen.

Gegen 19 Uhr mache ich mich auf den Weg zur Jugendherberge und treffe dort kurz vor Sonnenuntergang ein. Die Klasse ist super motiviert. Da bei dieser Wanderung alle Sinne angesprochen und der Fokus ein anderer als das Sehen sein soll, geht es darum, anhand von Geräuschdosen die jeweiligen Partner zu finden. Das sind alte Filmdosen mit verschiedenen Gegenständen, die unterschiedlich klingen. Es gibt von jedem Gegenstand zwei - so finden sich die Paare durch den gleichen Klang. Danach geht es los in Richtung Bergwiese. Zwar kennen die Kinder der 9. Klasse diese bereits, doch durch meine botanischen Kenntnisse kann ich sie aufs Neue für diesen Lebensraum begeistern. Mit all dem Wissen entsteht sehr schnell eine Diskussion zum Thema Natur- und Kulturschutz.

Oben angekommen dämmert es so langsam und die Jugendlichen können durch einige Spiele ihre Umwelt mit allen Sinnen erleben. Auch Spuren des Garten- und Siebenschläfers entdecken wir in den Spurentunneln des BUND. Anschließend sollen sie sich ein ruhiges Plätzchen suchen und ihre Umgebung wahrnehmen, auf die Geräusche der Wildnis lauschen, den Wind spüren und leider auch feststellen, wie die künstliche Beleuchtung am Torfhaus die Wahrnehmung stören kann. Um das Thema Lichtverschmutzung und deren Auswirkungen zu besprechen, wird nach der Stille genau dieses Thema der Lichtverschmutzung aufgegriffen und eine Diskussion darüber entsteht. Um 22.30 Uhr endet die kleine Sinneswanderung und die Klasse ist etwas müde, aber glücklich mit vielen neuen Erfahrungen und einem Erinnerungszettel und Tipps, was jede:r selbst gegen die Lichtverschmutzung tun kann.

Dieser Tag war sehr vielfältig, kreativ und spontan. Ich finde es wunderbar, dass ich mich hier im Besucherzentrum TorfHaus im Rahmen des Commerzbank-Umweltpraktikums im Nationalpark Harz so frei ausprobieren, neue Konzepte entwickeln und Führungen selbst gestalten kann. Daher bin ich sicher, dass hier während meines Praktikums noch viele Abenteuer auf mich warten werden.

 

Dale Stölting

Umweltpraktikant 2021

Ort

Nationalpark Harz