Auf zur Hirschbrunft
Heute liegt ein richtig langer und schöner Tag hinter mir. Schon vor der Morgendämmerung klingelte der Wecker und ich zog mir schnell einige Lagen warmer Klamotten an. Besonders schwer fiel mir das Aufstehen ausnahmsweise einmal nicht, schließlich wachte ich diesen Morgen in einem Gasthaus am Gipfel des Lusens auf. Während meinem Praktikum ist dieser Berg sowieso zu einem meiner Lieblingsorte geworden, doch gleich oben am Gipfel aufzuwachen, war eine komplett neue Erfahrung.
Aber von Anfang an: Zu dieser Möglichkeit bin ich durch eine Führung des Vereins Wald.Zeit in Kooperation mit dem Nationalpark Bayerischer Wald gekommen. Zu der Führung mit dem Motto „Auf zur Hirschbrunft“ hatten sich zehn Personen angemeldet und ich durfte der Waldführerin Hanni Reichel bei der Durchführung helfen.
Gestern Abend hatten wir den Sonnenuntergang vom Lusen auf beobachten und dabei auch schon den ersten Brunftschreien der Hirsche lauschen können. Heute ist unser Ziel die Hirsche an einem berühmten Brunftplatz zu hören und vielleicht auch zu sehen, deswegen mussten wir noch vor der Morgendämmerung vom Lusen absteigen. Begleitet wurden wir von Martin Pauli, Berufsjäger im Nationalpark, sodass wir auch reichlich Informationen zum Leben und Brunft der Hirsche und den Umgang des Nationalparks mit dem Rotwild erfahren konnten.
Doch egal wie interessant das Wissen und die Erfahrungen des Jägers auch waren, an diesem Morgen lief die Gruppe weite Strecken ohne ein Wort zu wechseln. Ich denke nicht nur auf mich machte die verwunschene Stimmung im wilden, etwas vernebelten Wald einen mystischen Eindruck. Mit den Hirschrufen als Begleitmusik konnten wir den Sonnenaufgang genießen.
Mit der ehrfürchtigen Stille war es jedoch vorbei, als wir um acht Uhr an unseren Brotzeitplatz ankamen. Eine Nationalparkmitarbeiterin hatte uns ein leckeres Picknick und viel Kaffee und Tee zum warm werden an eine alte Klause geliefert. Bei und nach dem Essen tauschten sich die Teilnehmenden der Führung untereinander und mit Martin Pauli aus.
Gestärkt ging es dann weiter über die Reschbachklause und über die Grenze zur Moldauquelle und den Siebensteinkopf bis wir schließlich abends zu unserer zweiten Unterkunft im Nationalpark Šumava gelangten. Heute lag die anstrengendste Strecke der dreitägigen Wanderung hinter uns, doch dennoch machten wir uns abends nochmal auf für eine kleine Tour.
Leider war der Wind an diesem Abend gegen uns, sodass keine Hirsche zu hören waren. Zum Glück hatte ich ein Alternativprogramm mitgebracht: Einen Fledermausdetektor. In den ersten zwei Monaten meines Praktikums hatte ich eine Dämmerungsführung für Familien ausgearbeitet, in der es vor allem um die Bewohner des Waldes und deren gruseligen Geschichten in den Sagen ging. Dieses Wissen zum Thema Fledermaus konnte ich heute gut nutzen und durch den Fledermausdetektor konnten wir sogar die Jagdrufe der Bechsteinfledermaus für uns Menschen hörbar machen.
Erschöpft aber glücklich fiel ich danach in mein Bett, schon voll Vorfreude auf den nächsten Tag der Wanderung.
Lea Gerhäußer
Umweltpraktikantin 2021
Ort
Nationalpark Bayerischer Wald