400 Jahre zurück in die Gegenwart

Helena an einem Informationsstand mitten in den Bergen

7:00 Uhr Mein Wecker klingelt. Höchste Zeit, die Beine aus dem Bett zu schwingen. Ich öffne das Fenster. Der Watzmann thront vor einem strahlend blauen sonnigen Himmel. Es verspricht ein schöner Tag zu werden.

7:20 Uhr Der übliche Austausch am Frühstückstisch. Thema Nr. 1: Die beiden Bartgeierdamen Wally und Bavaria. Mehrere Besucher und Adler-Bartgeier-Praktikant:innen haben die beiden knapp über sich fliegend am Böslsteig beobachten können. Das ist sehr beeindruckend bei einer Flügelspannweite von 2,90 m…

8:00 Uhr Besprechung mit Sabine und den anderen. Heute bin ich mit der einen FÖJlerin für den mobilen Stand auf der Bindalm eingeteilt. Bei den mobilen Infoständen handelt es sich um neun Infostände, die über den Nationalpark verteilt zu verschiedenen Themen informieren,  z.B. Almwirtschaft, Borkenkäfer, Alpentiere, Murmeltiere etc.

9:00 Uhr Wir schwingen uns auf die Fahrräder und strampeln bergauf vorbei am malerischen Hintersee ans Klausbachhaus. Dort schließen wir uns den wartenden Touristen in Funktionskleidung an. Der Alm-Erlebnisbus bringt uns auf der Passstraße vorbei an der Wildfütterung zum Hirschbichel. Zu Fuß geht es weiter, in 15 Minuten haben wir die Bindalm erreicht. Die Bindalm liegt in der Pflegezone des Nationalparks und umfasst vier Kaser (Almhütten). Zwei sind bewirtschaftet. Dort gibt es leckere Käse- und Schinkenbrote, Kuchen und gekühlte Getränke. Die beiden anderen dienen als Lehr- und Anschauungsobjekte.

10:30 Uhr Wir holen uns den Schlüssel von der Sennerin und sperren den historischen Rundumkaser von 1686 auf. Das ist mit dem alten Schließsystem immer ein Fingerspitzenjob und meist erst nach einem kräftigen Schulterrums von Erfolg gekrönt. Zweimal in der Woche findet hier ein Stand statt, um den Besuchern die Möglichkeit zu geben, den Kaser anzuschauen und mehr über nachhaltige Almwirtschaft zu lernen.

11:00 Uhr Der Stand ist aufgebaut. Die schwarz-weiß-Bilder von früher, die Legeschindeln und das andere Infomaterial auf dem Tisch verteilt, das Model der Almhütte schön drapiert und die Bartgeier-Flyer liegen auch bereit. Es kann losgehen.

14:30 Uhr Der Besucherstrom reißt ab. Nach stundenlangem Fragen beantworten und engagierten Vorträgen zur Vollholz-Bauweise des Kasers und dem einfachen, aber sehr durchdachten Leben der letzten 400 Jahre und heute, packen wir zusammen und verstauen das Material wieder in der Hütte. Schließen ab und gönnen uns auf einer der Almhütten Kaffee und Kuchen.

14:50 Uhr Da ich heute nur noch ein Konzept für die Führung morgen durchlesen muss, beschließe ich noch auf den Hirschkopf zu wandern. Nach den Stunden voller Menschen und fusselig geredetem Mund tut es gut, allein zu sein und die Stille zu atmen. Ich liebe es, andere Menschen an meinem Wissen teilhaben zu lassen und selbst zu lernen, trotzdem sind diese einsamen Momente auf dem Berg zwischen Latschen unbezahlbar.

18:30 Uhr Zurück in der WG kochen wir erst mal zusammen und lasse den Tag mit einem Radler auf der Bank vor dem Haus ausklingen.

22:00 Uhr Ich beschließe das Konzept morgen früh zu lesen und stelle mir den Wecker. Heute wird das eh nichts mehr.

 

Helena Fink

Umweltpraktikantin 2021

Ort

Nationalpark Berchtesgaden