"Und jetzt müsst ihr alle ganz still sein"

Bild: Berglandschaft

Selter„Und jetzt müsst ihr alle ganz still sein“,

sage ich zu den Kindern, „sonst verscheucht ihr den Luchs.“ Wir stehen mit etwa 30 Kindern der Schulklasse 6b vor dem Gehege der scheuen Tiere und blicken angestrengt in das kleine Waldstück, in das sich die Raubkatze tagsüber gerne zurückzieht.

Wir befinden uns im Tierfreigelände des Informationszentrums „Haus zur Wildnis“, einem Besuchermagnet im Nationalpark Bayerischer Wald. Da das Tierfreigelände in der Nähe des Wildniscamps liegt, gehen wir mit Schulklassen gerne hierher, um einen Einblick in das Leben der wilden Tiere zu bieten. Doch heute lässt sich der Luchs nicht blicken. Bei der nächsten Art haben wir mehr Glück. Eine kleine Brücke führt den Besucher durch das Wolfsgehege. Schon nach wenigen Minuten sehen wir eine Bewegung im dichten Wald, dann zeigt sich der große Graue. Aus sicherer Entfernung schaut er zur Besucherbrücke empor und mustert uns neugierig. Unter erstaunten Rufen der Schüler setzt er seinen Weg fort und verschwindet kurz danach wieder im Unterholz. Diese Pause nutzen wir, um die Schüler über Lebensweise und Verhalten des Wolfes aufzuklären. Unser nächstes Ziel versetzt vor allem die Mädchen in Begeisterung: Eine kleine Herde der Przewalskipferde, die hier am Fuße des Falkensteins eine neue Heimat gefunden habt. Die recht urtümlich anmutenden Tiere sonnen sich in der Nähe ihres Futterplatzes und lassen sich wunderbar betrachten. Auf der gegenüberliegenden Weide grasen Heckrinder, die Nachzüchtung des einst hier heimischen Auerochsen. Besonders die großen Hörner des Bullen faszinieren die Kinder. Unsere letzte Station ist die Steinzeithöhle, eine Nachbildung der erst vor kurzem in Frankreich entdeckten Grotte Chauvet, in der Höhlenmalereien und Schnitzereien zu einer Fantasiereise in die menschliche Vergangenheit anregen, aber auch nachdenklich stimmen – über den Klimawandel, das Artensterben und den Umgang mit den Wäldern. Auf dem Rückweg schwatzen die Kinder fröhlich und erreichen etwa eine Stunde später müde, aber glücklich das Wildniscamp.

Vanessa Selter

Umweltpraktikantin 2019

Ort

Nationalpark Bayerischer Wald