Gewitter, Lagerfeuer und Sandstein
Hinterhermsdorf – schönstes Dorf Sachsens 2001 und seit 2009 erste Nationalparkgemeinde im Nationalpark Sächsische Schweiz. In diesem beschaulichen Dörfchen mit gerade einmal 650 Einwohnern ist normalerweise nicht viel los. Doch an diesem Donnerstag im Juni wird „Hihedo" von einer wilden Horde einfach überrannt.
Es sind mehr als 300 nicht sehr große Menschen, die in grünen Kleinbussen angefahren kommen und sich „Junior-Ranger" nennen. Aus über 30 Nationalen Naturlandschaften sind Gruppen mit ihren Betreuern angereist, um am 11. Bundes-Junior-Ranger-Treffen teilzunehmen. Für knapp vier Tage wollen sie ein buntes Programm erleben, das Elbsandsteingebirge kennenlernen und die Gemeinschaft mit bekannten und neuen Gesichtern aus anderen Schutzgebieten genießen.
Und ich stecke mittendrin. Von früh bis spät bin ich verantwortlich für die „Gastgeber" – ich betreue die Junior-Ranger-Gruppen aus Königstein und Lohmen, für die die Anreise nur ein Katzensprung ist. Mich erwartet Stress. Aber drei Nächte eingeklemmt zwischen kleinen Wanderschuhen und mit fremden Füßen im Gesicht lassen sich gut ertragen, wenn die Tage dich mit positiven Eindrücken geradezu bombardieren. Die Stimmung im Versammlungszelt zur Begrüßungsveranstaltung ist locker und voller Energie.
Nachdem unser eigenes Zelt die erste Nacht mit Starkregen und Gewitter überlebt hat, wandern wir als Kleingruppe zur Oberen Schleuse. Und auch wenn nicht alle die gleichen Wandermuskeln haben, so schaffen wir es als Gruppe gemeinsam und belohnen uns in den Verschnaufpausen mit dem Anblick der malerischen Kulisse.
Der Markt der Möglichkeiten am Nachmittag bietet den Kindern die Gelegenheit, verschiedenste Aktionsstände zu besuchen, Neues auszuprobieren oder einfach gemeinsam mit vielen anderen zu spielen. Und auch die Egel im Löschwasserteich können wagemutige Naturentdecker nicht davon abhalten, mit Anlauf ins kühle Nass zu springen.
Gekrönt wird dieser Tag eindrucksvoll durch einen herrlichen Sonnenuntergang, den wir auf dem Weifbergturm genießen.
Am Samstag heißt es dann: Brotdosen und Trinkflaschen randvoll machen und dann auf zur „Öko-Rallye". Wir Sachsen bilden heute eine Gruppe gemeinsam mit den Gästen aus dem Bayerischen Wald. Und während wir in Richtung Waldhusche wandern, in deren Umgebung die Öko-Rallye-Stationen auf uns warten, begleitet uns Cäsar, ein vielgestreichelter Schäferhund. Seinen Besitzer, von dem wir viel über Wölfe erfahren, streichelt allerdings niemand.
Wir sind den ganzen Tag unterwegs, von Station zu Station. Wir ertasten Sandstein, probieren Waldarbeiterwerkzeug aus, basteln Naturkunstwerke, pflanzen kleine Tannen, naschen Unmengen wilder Heidelbeeren und schlussendlich dürfen die Kinder selbst einmal ein paar schwere Baumstämme die Waldhusche hinunterschubsen, bevor sich alle zu einem Gruppenfoto treffen, um in giftgrünen T-Shirts das Nationalparklogo – Lilienstein mit Elbe – zu bilden.
Für das Abschlussprogramm bleibt kaum jemand lange im großen Zelt. Alle wollen die verbleibende Zeit und die Gemeinschaft so aktiv wie möglich nutzen.
Wenn die Kinder abends dann endlich mal eingeschlafen sind, darf man sich als Betreuer für einen vollgepackten Tag belohnen. Erschöpft aber zufrieden setze ich mich zu den anderen Rangern, Praktikanten und Betreuern ans Feuer und lasse den Tag in gesprächiger und freundschaftlicher Runde ausklingen.
Am Sonntag geht alles ziemlich schnell. Zelte werden abgebaut, grüne Kleinbusse rollen vom Platz und in Hinterhermsdorf kehrt wieder die gewohnte Ruhe ein.
Als der Letzte meiner Junior-Ranger wieder zurück in die elterliche Obhut abgegeben ist, stehe ich am Bahnhof in Königstein, blicke auf die Elbe, den Lilienstein und ein ungewöhnliches aber gutes Wochenende zurück.
Adrian Hermsdorf
Umweltpraktikant 2019
Ort
Nationalpark Sächsische Schweiz