Eine Schlange zu Gast im Nationalpark

Bild: Hand mit Larve

Es ist mal wieder soweit, die Kofferraumklappe fällt zu und ich schwinge mir den Jutebeutel mit den vielen Sitzkissen über die Schulter. Ein Blick nach oben und eine Bestellung ans Universum: Bitte für die nächsten drei Stunden keinen Regen, danke!
Wir warten neben der gelben Eule, die am Eingang zum Nationalpark wacht. Da dringen auch schon die ersten Laute in mein Ohr. Und zwar nicht das Rauschen der Blätter und auch kein raschelndes Tier, .....

...vielmehr ein Murmeln und Quieken, das immer näher zu kommen scheint. Was das wohl ist? Da sehe ich es auch schon, denn es biegt um die Ecke und nimmt langsam Gestalt an. Eine riesige bunte Schlange bestehend aus 17 quasselnden Grundschülern.

So- schön, dass Ihr alle da seid und ein Herzliches Willkommen im Nationalpark! Auf in den Wald! Das lässt sich niemand zweimal sagen und so tauchen wir alle schnell unter das Blätterdach. Damit wir uns auch alle beim Namen nennen können für die nächste gemeinsame Zeit, erstmal der Reihe nach eine Vorstellungsrunde. Doch mal etwas anders: jeder seinen Namen und ein passendes Waldtier mit seinem Anfangsbuchstaben beginnend. So geht es reih um: Marlene Mistkäfer, Nele Nashornkäfer, Kristin Kreuzotter, Hanna Hase, Tim Tanne, Milena Maus, Leon Luchs … bis es bei Emilie Eule endet. Puh Glück gehabt, heute nur ein Kind mit J, denn das hat sich beim gestrigen Projekttag ganz schön schwierig gestaltet. Mit dem Ergebnis von 3 Johannisbeeren und 4 Junikäfern.

Es geht weiter in den Wald, wir tasten mit unseren Händen nach dem Waldgegenstand, den wir gezogen haben und versuchen unseren passenden Partner zu finden. Während wir mehr oder weniger schweigend Zapfen und Blätter, Rinde und Nadeln hinter unseren Rücken vergleichen, kommen langsam die ersten Paare zusammen. Die Kastanien finden sich, die Zapfen auch, Kiefernnadeln und Buchenblätter ebenso. Die Rinde bleibt unschlüssig stehen. Das fühlt sich aber nicht so an wie meins! Da haben sie wohl Recht und wir sehen uns das mal genauer an. Gemeinsam finden wir heraus, dass Rinde nicht gleich Rinde ist und Birke und Erle ganz schön unterschiedlich sind. Darauf erstmal ein kräftiges Knurren. Mit Kindermägen ist nicht zu spaßen, also schnell an die Pausenbrote.

Gestärkt geht es weiter, doch nicht wie vorgesehen, denn es hat zu regnen begonnen. Damit fällt der Plan ein Blätterbuch anzulegen buchstäblich ins Wasser und eine neue Idee muss her. So alle Kinder zusammentrommeln, Ohren spitzen. Ihr bekommt nun einen Auftrag von uns, findet in der näheren Umgebung 3 unterschiedliche Blätter! Ihr habt 5 Minuten. Los geht’s!  Alle sind konzentriert auf Suche und schon bald trudeln die ersten bei mir ein und präsentieren stolz ihre Blätter. Doch des Öfteren ist ein zweiter Blick gefragt, denn ob grün oder orange, es bleibt ein Buchenblatt und das zählt nicht doppelt. Also los, nochmal genauer schauen. Vielleicht mal dort in der Nähe des Baumes mit der weißen Rinde? Oder sind Nadeln nicht auch Blätter, nur eben von den Nadelbäumen? Fragen über Fragen und wir sind noch eine Weile beschäftigt, die gefundenen Blätter zu vergleichen, die zugehörigen Bäume zu finden und uns die Blätter gut einzuprägen. Plan B ist also aufgegangen.

Wir schlängeln uns weiter den schmalen Weg entlang und ständig werden Pilze, Nacktschnecken, Frösche, Moose und schöne Plätze entdeckt. Die Energie hat sich wieder ganz schön aufgeladen und das Ameisentransportspiel kommt genau zur richtigen Zeit und macht Laune! Ja und dass die wirklich das 60fache ihres Gewichtes tragen können! Da staunt ihr, was? Das wäre so, als würdet ihr 60 Kinder auf eurem Rücken schleppen.  Ganz schön beeindruckend. Ebenso wie der Wald um uns herum, weshalb alle nochmal zum Toben und Erkunden ausschwärmen. Auftrag: Einen Sitzplatz suchen und hören. Das endet aber eher darin, dass ein Jägerhochsitz entdeckt wird und alle ganz aus dem Häuschen sind. Demnach hört man auch vornehmlich Kinderrufe und rennende Füße.

Doch das ist es doch, was wichtig ist. Draußen zu sein, in der Natur und sich für eine kleine Zeit auch von dem Korsett der Schule und den Schubladen, in die man dort schnell gesteckt wird befreien. Das machen, was jetzt zählt. Ob das nun Rennen, Sitzen, Erkunden, Klettern oder Geräusche hören ist. Kind sein und merken, wie gut es tut draußen im Wald zu sein und alles ist richtig, so wie es ist. Informationen und Wissen gibt es tagtäglich in der Schule und hier im Nationalpark geht es eben ums Spüren und Erleben.

So geht es zurück und nach einer kurzen Abschlussrunde zieht die bunte Schlange wieder von dannen, deutlich langsamer als auf dem Hinweg, denn sie hat nun einiges erlebt und ist wohl auch etwas geschafft.

Marlene Gräf

Umweltpraktikantin 2019

Ort

Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft